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Debian und Ubuntu sind zwei der beliebtesten Linux-Distributionen und sogar miteinander verwandt.  Es gibt aber dennoch signifikante Unterschiede zwischen den beiden Betriebssystemen. Während Ubuntu quasi als Standard für private Desktops gilt, setzt man Debian in erster Linie als Betriebssystem für Server und Power-PCs ein. In diesem Artikel erklären wir Ihnen, welche Vor- und Nachteile die unterschiedlichen Varianten haben und warum die Wahl am Ende doch gar nicht so schwer fällt.

Was versteht man unter einer Distribution und einem Derivat?

Eine Distribution ist eine Auswahl abgestimmter Anwendersoftware (z.B. eine Desktop-Umgebung, eine Systemverwaltung oder Office-Tools) die einem Linux-Kernel hinzugefügt wird. Als Derivat bezeichnet man eine Abspaltung eine bestehenden Projektes, bei dem Teile des Programm-Codes unabhängig vom Ursprungs-Projekt weiterentwickelt werden.

Wie viele Arten von Linux gibt es?

Insgesamt existieren etwa 290 verschiedenen Linux-Distributionen, von denen 131 von Debian abgeleitet sind und 58 direkt aus dem Ubuntu-Code entwickelt wurden.

Was bedeute der Name „Debian“?

Debian ist eine Wortschöpfung des Projekt-Gründers Ian Murdock und setzt sich aus dem Namen seiner Ex-Frau Debra und seinem eigenen Vornamen zusammen („Deb–Ian“).

1. Debian – Die Mutter vieler Distributionen

Debian gibt es bereits seit 1993, es ist damit eine der ältesten Linux-Distributionen auf dem Markt und bildet die Basis für eine Vielzahl anderer Distributionen wie Ubuntu oder Raspbian. Es existiert für unterschiedliche Architekturen, darunter i386, amd64, mipsel und arm64, für die es jeweils unterschiedliche Installationsmedien gibt. Sämtliche Downloads werden zudem als einfache Dateilisten geführt. Wenn Sie also nicht wissen, was eine MD5-Datei ist und wofür diese verwendet wird, sollten Sie lieber die Finger davonlassen.

Die Software für Debian wird über Pakete installiert. Dazu nutzt das Betriebssystem das Advanced Packaging-Tool (APT), das beim Installieren prüft, ob alle notwenigen Pakete vorhanden sind, und diese andernfalls nachinstalliert. Für das Update eines Paketes sind nur wenige Kommandozeilen erforderlich.

Gut zu wissen: Auch Kernel werden in Debian über das APT aktualisiert oder entfernt.

Mittlerweile gibt es über 57.000 fertige Packages (bereits vorkompilierte Programme), allerdings unterstützt Debian anders als Ubuntu keine PPAs („Personal Package Archives“). Diese unterscheiden sich zwar eigentlich nicht grundlegend von normalen Debian-Repositorys, allerdings muss im Gegensatz dazu der GPG-Schlüssel manuell importiert und die Repository-Adresse der Konfigurationsdatei hinzugefügt werden.

Weniger Updates für mehr Stabilität

Debian verfolgt drei verschiedene Releases (Unstable, Testing und Stable) und gilt aufgrund seiner unregelmäßigen Release-Zyklen im Vergleich zu Ubuntu als die zuverlässigere Distribution. Debian hat zwar im Vergleich weniger Updates, diese werden dafür aber gründlich getestet und sind daher auch tatsächlich stabil. Als Benutzeroberfläche kommt standardmäßig GNOME3 zum Einsatz, Sie können aber jederzeit auch zu KDE oder Xcfe wechseln.

Screenshot Debian

Als Benutzeroberfläche kommt in Debian standardmäßig GNOME3 zum Einsatz, Sie können aber jederzeit auch zu KDE oder Xcfe wechseln.

Debian ist eine Community-Distribution. Das bedeutet, es wird von einem ausgewählten Entwickler-Board geleitet, hat seinen eigenen interne Struktur und verfolgt seine eigenen Gesetze. Zudem handelt es sich bei fast allen Mitwirkenden um Freiwillige.

Während Ubuntu allein durch seinen Umfang schon gewisse Anforderungen an die zu verwendende Hardware stellt, ist Debian ein echtes Leichtgewicht, das Sie (ohne Desktopumgebung) sogar auf Systemen mit nur 64 MB Arbeitsspeicher und 10 GB Festplatte betreiben können.

2. Ubuntu – Der ambitionierte Sprößling

Ubuntu wurde erstmals 2005 veröffentlicht und basiert auf einem Snapshot von Debian (Testing-Zweig). Als Derivat baut es auf dessen Architektur und Infrastruktur auf, daher ist es natürlich auch nicht verwunderlich, dass sich die beiden Betriebssysteme in vielerlei Hinsicht sehr ähneln. Im Gegensatz zum „Mutterschiff“ Debian richtet Ubuntu sich aber eher an unerfahrene Nutzer, die ohne großen Konfigurationsaufwand schnell ans Ziel kommen möchten.

Das merkt man vor allem bei der Auswahl der installierten Standard-Programme. Während Debian komplett auf freie Software setzt, verwendet Ubuntu sowohl freie als auch proprietäre Anwendungen. Das hat allerdings Vor- und Nachteile. Während es dem Standard-Anwender im Normalfall egal ist, welche Art von Treiber (frei oder nicht frei) seinen Hardware betreibt, kann es im Unternehmen durchaus problematisch sein, wenn sich nicht nachvollziehen lässt, wie genau eine Anwendung funktioniert.

Gut zu wissen: Das beliebte Linux Mint ist eine Distribution, die auf Ubuntu basiert und Erweiterungen enthält, die in dort nicht enthalten sind.

Unity Desktop in Ubuntu

Ubuntu bringt mit Unity sogar eine eigens entwickelte Benutzeroberfläche mit.

Während Ihnen in Debian eine Vielzahl von Optionen für die Konfiguration der Desktopumgebung zur Verfügung stehen, liefert Ubuntu diese bereits vorgefertigt (z.B. in Form von Gnome, dem eigens entwickelten Unity, KDE, Budgie oder Xfce) mit. Releases erfolgen in Ubuntu strikt nach Zeitplan (alle 2 Monate und alle 6 Monate). Somit wissen Sie immer schon im Voraus genau, wann eine neue Version verfügbar ist.

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Ubuntu ist ein Produkt des Unternehmens Canonical, von dem es zusammen mit mehreren verwandten Produkten entwickelt wurde. Das bedeutet im Klartext: Canonical hat die volle Kontrolle über das Betriebssystem und alle Entscheidungen, die im Zusammenhang mit diesem getroffen werden.

Einen kleinen Crashkurs in Ubuntu finden Sie im folgenden Video:

Auf der anderen Seite entstehen dadurch aber auch einige Vorteile. So schließt Canonical einerseits Kooperationen mit Hardware-Herstellern ab, um so eine größtmögliche Kompatibilität zu gewährleisten. Die Rechner des Computer-Giganten DELL werden beispielsweise neben Windows inzwischen standardmäßig auch mit Ubuntu ausgeliefert. Darüber hinaus bietet das Unternehmen aber auch Supportverträge an, was vor allem bei Störungen oder Ausfällen in Produktionsumgebungen sehr hilfreich sein kann.

Gut zu wissen: Mit Hilfe spezieller Pakete wie Wine oder PlayOnLinux ist es prinzipiell möglich, jegliche kommerzielle Windows-Software auch unter Ubuntu zu betreiben.

3. Die Vor- und Nachteile von Debian und Ubuntu im Überblick

 

Debian

Ubuntu

Vorteile

  • Open-Source
  • Unterstützt zahlreiche Hardware-Architekturen
  • Leistungsstarke und flexibel Paketverwaltung
  • Individuelle Anpassungen möglich
  • umfangreiche Softwareauswahl
  • automatische Updates möglich
  • durch Mitwirken der Entwickler immer die aktuellste Distribution
  • hohe Stabilität
  • Installation auch als Minimalsystem möglich
  • einfache Installation und Konfiguration
  • kann auch auf mobilen Geräten installiert werden
  • Programme sind neuer und bieten meist mehr Funktionen
  • eignet sich auch für unerfahrene Nutzer
  • Releases werden regelmäßig (alle 2 Monate und alle 6 Monate) durchgeführt
  • Programmversionen immer auf dem aktuellsten Stand

Nachteile

  • komplexe Installation und Einrichtung
  • für unerfahrene User nicht geeignet
  • Programmversionen teils schon beim Release veraltet
  • Updates erscheinen unregelmäßig und sind nicht planbar
  • wird als Produkt eines Unternehmen veröffentlicht und von diesem kontrolliert
  • stellt durch seinen Umfang gewisse Anforderungen an die Hardware (keine Minimalinstallation möglich)
  • kaum individuelle Anpassungen möglich

4. Fazit: Debian oder Ubuntu?

Ubuntu und Debian sind sich zwar sehr ähnlich, haben aber in Hinblick auf das Veröffentlichungsmodell, die mitgelieferte Software und die Konfigurationsmöglichkeiten auch einige signifikante Unterschiede. Während Ubuntu mehr auf Benutzerfreundlichkeit ausgerichtet ist, verfolgt Debian vor allem die Freiheits-Philosophie und punktet mit seiner Stabilität.

Wenn der betreffende Rechner eine unternehmenskritische Funktion erfüllen soll (z.B. ein produktiver Server), sollten Sie in jedem Fall zu einer professionellen (kommerziellen) Distribution wie Ubuntu greifen. Haben Sie vor Ort aber die Möglichkeit, auf entsprechende Unterstützung zurückzugreifen oder besitzen sogar selbst umfangreiche Linux-Kenntnisse, können Sie mit Debian nicht nur eine Menge Geld sparen, sondern haben auch deutlich mehr Konfigurations- und Einsatz-Möglichkeiten. Für einen normalen Endanwender, der ausschließlich ein zuverlässiges Desktop-Betriebssystem benötig, ist hingegen Ubuntu genau das Richtige.

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Debian vs. Ubuntu: Für wen eignet sich welche Distribution besser?
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