Wer aus Interesse oder zu Diagnosezwecken mehr über das Innenleben seines Computers erfahren möchte, wird mit einer riesigen Anzahl von kostenlosen Tools konfrontiert, welche aber oft nur Teilbereiche und nicht das gesamte Spektrum eines PCs abdecken. Wer eine Komplettlösung möchte, ist in aller Regel auf eine kostenpflichtige Alternative angewiesen. Ein solcher Vertreter ist AIDA64 in der Extreme Edition, welche als Engineer Edition auch kommerziell genutzt werden darf. Wir stellen die neue Version 4 vor und geben eine Antwort auf die Frage, ob sich die Ausgabe gegenüber Freeware-Alternativen lohnt.
Feine Tools in Hülle und Fülle
Die Fülle an Überwachungs- und Diagnose-Tools als Free- oder Shareware-Version ist kaum zu überblicken. Wir haben uns in dem Artikel „Vergleich der verschiedenen Diagnose- und Überwachungs-Tools – Stärken, Schwächen, welches für was“ im Jahr 2012 die Mühe gemacht, die verfügbaren Tools zu sichten und in einer Auswahl nach verschiedenen Bereichen gegliedert kurz vorzustellen. Wir waren selbst überrascht, wie viele es im Netz zu finden gibt. Der Artikel zeigt aber auch deutlich, dass die Tools, welche ein größeres Leistungsspektrum haben und nicht nur GPU-, CPU- oder S.M.A.R.T.-Werte von Festplatten auslesen, meist nicht kostenlos zu bekommen sind. Ausnahmen wie PC Wizard oder Sandra Lite sind zwar vorhanden, können mit den kostenpflichtigen Vertretern aber nicht ganz mithalten. Es bedarf viel Aufwand in der Pflege von Infodateien, welche Hardware sich hinter welcher Hardware-ID verbirgt, so dass der Preis für eine solche Software, welcher sich im erträglichen Rahmen ab 25 Euro bewegt, eventuell gerechtfertigt ist.
AIDA64 – kein Unbekannter
AIDA64 ist vielen vielleicht noch unter dem alten Namen „Everest“ bekannt, welches sich zuvor AIDA32 nannte. Everest wurde kostenpflichtig und 2010 dann als AIDA64 neu entwickelt fortgeführt.
AIDA64 wird in drei Editionen angeboten. Die Business Edition richtet sich vorwiegend an Netzwerkadministratoren und bietet hierfür vielfältige Funktionen für automatische Reports oder Remote-Control-Funktionen. Eine Vorstellung der Business Edition finden Sie in der folgenden Vorstellung: Aida64 2.6x (Business Edition) - ein „need-to“ für alle Administratoren?.
Die Extreme Edition ist dagegen das Produkt, welches die meisten Anwender interessieren dürfte. Es bietet eine breite Palette an Funktionen, die beim Übertakten, bei der Hardware-Fehlerdiagnose, bei Stresstests und bei der Sensorüberwachung helfen. Wer die Funktionen kommerziell nutzen möchte (z.B. im mobilen Support), muss die Engineer Edition erwerben, welche sonst den gleichen Funktionsumfang wie die Extreme Edition bietet.
Die Editionen im Vergleich
Tabellenübersicht
Funktion | Extreme Edition | Extreme Engineer Edition | Business Edition |
Kommerzielle Nutzung | . | . | |
Analyse | |||
Hardware-Analyse | . | . | . |
Software & Windows Details | . | . | . |
Overclocking-Informationen | . | . | |
Systemstabilitätstest | . | . | . |
CRT- und LCD-Monitor-Diagnostik | . | . | |
CPU, Speicher, Festplatten-Bechmarks | . | . | |
Hardware-Überwachung | |||
Sensorüberwachung | . | . | . |
Aufzeichnung der Sensorwerte | . | . | |
Temperatur-Warnung | . | . | |
OSD Panel & Desktop-Vorrichtung | . | . | |
Logitech LCD-Unterstützung | . | . | |
Netzwerk-Audit | |||
Kommandozeilen-Automatisierung | . | ||
CSV- und XML-Berichte | . | ||
SQL-Datenbankausgabe | . | ||
Software-Überwachung mit Dateiscanner | . | ||
Remote-Funktionen | |||
Remote Control | . | ||
Remote Benutzer-Monitoring | . | ||
Remote HDD-Monitoring | . | ||
Virendatenbank Remote-Monitoring | . | ||
Unternehmensfunktionen | |||
Sicherheitswarnungen | . | ||
Überwachungsmanager | . | ||
Änderungsverfolgung/td> | . | ||
Verfügbarkeit und Ausfallzeiten-Statistik | . | . | . |
Neuerungen der Version 4
In Version 4 hat der Hersteller die Software mit 64-Bit-Benchmarks optimiert, eine Unterstützung für Razer Switchblade-LCD integriert, die Unterstützung vieler CPU- und GPU-Reihen erweitert. Eine vollständige Übersicht der Neuerungen finden Sie im Release Notes.
Informationsflut
Gleich vorne weg: Eine der größten Stärken von AIDA64 ist die Tatsache, dass die Software auch portabel ist, auf jedem System von z.B. einem Stick ausgeführt werden kann. Dies erleichtert die Diagnose und Fehlersuche erheblich.
Nach dem Start öffnet sich die Programmoberfläche mit Funktionsexplorer und Baumansicht.
Die Abschnitte sind logisch gegliedert und bieten in der Tiefe weitere Detailinformationen. So finden sich im Bereich „Motherboard“ unter SPD dann die Informationen zu den verbauten Speichermodulen,
oder CPU- und GPU-Details.
Auch Sensorwerte vom Motherboard und der CPU bzw. GPU und Festplatten werden übersichtlich und in unserem Fall korrekt angezeigt.
Als sehr hilfreich haben wir die weiterführenden Links empfunden, welche sich bei manchen Detailseiten, wie hier im Bereich Motherboard“, am Ende finden und zu Herstellerseite oder BIOS-Download führen.
Um es auch gleich zu beantworten: Nein, AIDA64 kennt keine Treiberversionen, um Vorschläge zum Aktualisieren zu machen. Hierfür sind eigenständige Tools zuständig. Wohl auch aus diesem Gedanken heraus stehen neben dem Link zum Hersteller auch die Werbelinks für DriverAgent und BIOSAgentPlus.
Nicht nur Hardware
AIDA64 kann nicht nur Informationen zur Hardware geben. Das Programm zeigt auch Informationen zu Betriebssystem und Programmen an. Dazu zählen Basics wie Service-Pack-Version, Seriennummer, installierte Patches, installierte Programme usw.
Wie schon bei den Treibern gilt auch hier: AIDA64 kann keinen Abgleich der installierten Programme mit den aktuellen Versionen im Netz vornehmen, wie es Lösungen wie OutDateFighter oder Secunia PSI machen.
Auch sonst ist der Bereich Software eher ernüchternd. Autostarteinträge können zwar gesichtet werden. Außer Löschen bietet das Tool aber keine Option und bleibt damit weit hinter den Möglichkeiten von Advanced Task- & Startup-Manager, Autoruns oder Starter zurück.
Auch die Funktionen für Dienste und Prozesse können mit Spezialtools nicht mithalten, bietet die Prozessansicht doch zu wenig Information zu Prozess, Abhängigkeit, Pfad usw., der Dienste-Bereich nur eine Start- oder Stoppmöglichkeit.
Dateitypen werden zwar angezeigt. Der User hat mit AIDA64 aber keine Möglichkeit, eine Zuordnung zu editieren, aufzuheben etc.
Stresstest und Benchmark
AIDA64 bietet auch einige Benchmarks für verschiedene Aufgaben von CPU, GPU und Speicher, welche alle in der - leider englischen - Hilfe dokumentiert sind. Die Benchmarks lassen sich auch auf einzelne CPU-Kerne und mit oder ohne Hyperthreading ausführen.
Die Ergebnisse der Benchmarks lassen sich mit verschiedenen Systemen vergleichen, welche der Hersteller mit aufgenommen hat.
Einen Abgleich mit den Systemen anderer Nutzer über eine Cloud-Funktion bietet die Software nicht; schade.
Sehr gut gelungen ist nach unserer Meinung der Stresstest. Der Anwender kann hier festlegen, was er in den Stresstest zur Bewertung der Systemstabilität einfließen lassen will. Über verschiedene Registerkarten können dann die Temperatur der Komponenten, Lüfterdrehzahlen, Spannungen usw. in Graphen beobachtet werden.
Batch-Betrieb und Reports
Eine der großen Stärken, welche vor allem in der Business Edition von Relevanz wird, ist die (automatisierte) Erstellung von Reports. Mit AIDA64 können Sie für fast jeden Zweig im Menübaum einen Report als TXT, HTML oder MHTL ausgeben lassen.
Über die Kommandozeile kann die Reporterstellung auch automatisiert werden, was speziell für die Engineer Edition von Vorteil ist, damit der Techniker schnell alle relevanten Daten auslesen kann. Die Möglichkeiten über die Kommandozeile sind vielfältig und gut dokumentiert.
Fazit
AIDA64 gehört ohne Frage zu den umfangreichsten Diagnosetools und sollte sich auf jedem Stick von PC-Bastlern und Support-Mitarbeitern befinden. Die Fülle von Informationen in einem Tool ergänzt mit weiterführenden Links macht einfach Spaß. Dennoch bietet AIDA64 auch viele Dinge eben nicht, welche die kleinen Spezialtools so stark machen. Gerade der Bereich Software ist keine Stärke von AIDA64 und in vielen Bereichen noch stark ausbaufähig. Bis dahin ist man für Spezialaufgaben wie die Anpassung von Autostart-Einträgen oder Diensten weiterhin auf Bordmittel oder eben doch auf Fremdtools angewiesen.
Eine Premium-Edition mit der Möglichkeit, Treiber und installierte Programme auf Aktualität zu prüfen und ggf. zu aktualisieren, wie es z.B. Secunia Personal Software Inspector (PSI) schon kann, würde AIDA64 auf eine neue Ebene heben. Vielleicht ein Tipp für die Entwickler zur Version 5? Warten wir es ab.
AIAD64 Extreme Edition |
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Hersteller: | FinalWire |
Preis | ab 25 Euro |
System: | Windows 8, 7, Vista, XP, Server |
Positiv: | portabel, sehr viele Informationen zu Hardware, Stresstest |
Negativ: | Im Bereich Software (Dienste, Autostart etc.) zu wenig Möglichkeiten, kein Abgleich von veralteten Programmen oder Treiber |
Bildquelle: AIDA64
Frederic Ch. Reuter
Es würde sich meines Erachtens nach durchaus lohnen diesen Artikel mal zu überarbeiten und mit den neueren Screenshots der Version 5.5.3600 stable zu aktualisieren.
Nicht nur, dass mit dieser (jetzt nur noch als trial-Version verfügbaren) Vollversion eine ganze Menge getan hat, auch die Unterstützung neuerer Techniken und von Windows 10 ist in der gewohnten Finalwire-Akrebie recht gut gelungen.
Eine Software, die man mehr denn je, empfehlen kann.