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Um das Smartphone von Straftätern oder Verdächtigen zur orten, versenden die Ermittlungsbehörden sogenannte stille SMS, die auf dem Endgerät weder optisch noch akustisch angekündigt werden. Polizei und Geheimdienste sind damit sogar in der Lage, langfristige Bewegungsprofile zu erstellen. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie eine stille SMS funktioniert und ob sich der Empfang auch irgendwie verhindern lässt. Darüber hinaus verraten wir Ihnen, wie es bei stillen SMS mit der Rechtslage und dem Datenschutz aussieht und ob Sie auch selbst eine derartige Überwachungsnachricht versenden können.

Kann ich den Empfang einer stillen SMS verhindern?

Eine Überwachung durch stille SMS können Sie nur blockieren, indem Sie den Akku oder die SIM-Karte Ihres Gerätes entfernen oder das Smartphone in den Flugmodus zu versetzen.

Wie kann ich eine stille SMS erkennen?

Der Empfang einer stillen SMS wird weder optisch noch akustisch signalisiert. Für Android-Nutzer gibt es aber das kostenlose Tool SnoopSnitch, mit dem Sie sich den Eingang von stillen SMS anzeigen lassen können.

Kann ich auch selbst eine stille SMS versenden?

Mit der richtigen Software können auch Privatpersonen stille SMS versenden. Dabei erfahren Sie allerdings nichts über den Aufenthaltsort des Empfängers, sondern erhalten nur die Information, ob das Handy über die SIM-Karte im Mobilfunknetz eingebucht ist.

1. Was versteht man unter einer „stillen SMS“?

Polizist schickt Anfrage als stille SMS

Alleine in diesem Jahr wurde von den Ermittlungsbehörden bis dato rund 300.000 Überwachungsanfragen als stille SMS verschickt.

Bei einer stillen SMS (auch silent SMS oder Stealth Ping) handelt es sich um eine spezielle Form von Nachricht, die über den Short-Message-Service gesendet wird, auf dem empfangenden Endgerät aber weder optisches noch ein akustisches Signal auslöst. Beim Absender handelt es sich in den meisten Fällen entweder um den Verfassungsschutz, die Bundespolizei oder das Bundeskriminalamt, die mithilfe der stillen SMS Ihr Smartphone orten.

In diesem Jahr wurden von den Behörden bereits knapp 300.000 solcher Überwachungsnachrichten verschickt, die bei der Lokalisierung von Straftätern und Verdächtigen helfen sollen. Die Lokalisierung mithilfe einer stillen SMS erfolgt allerdings nicht auf den Meter genau. Entscheiden für die Ortung ist immer der jeweilige Funkmast, an dem das Gerät angemeldet ist.

Die stille SMS ist für den Empfänger zwar unsichtbar, erzeugt aber genau wie eine „normale“ SMS ein Kommunikationsprotokoll, das die Mobilfunkanbieter auswerten und den Ermittlungsbehörden zur Verfügung stellen können. Die Erfassung der Signale erfolgt sogar dann, wenn das Gerät ausgeschaltet ist. Durch das Versenden mehrerer stiller SMS innerhalb kurzer Abstände lassen sich sogar umfassende Bewegungsprofile erstellen.

Die einzigen Optionen, um die SMS-Überwachung zu verhindern, bestehen darin, den Akku oder die SIM-Karte zu entfernen oder das Smartphone in den Flugmodus zu versetzen.

2. Rechtsgrundlage: Wann darf eine Handyortung mit stillen SMS durchgeführt werden?

Die unsichtbare Handyortung darf laut eines Urteils des Bundesgerichtshofes (BGH) vom Februar 2018 unter drei Voraussetzungen durchgeführt werden:

  • es muss sich um eine Straftat von erheblicher Bedeutung handeln (insbesondere eine in § 100a Abs. 2 bezeichnete Straftat)
  • der Verdacht gegen die betreffende Person muss sich aufgrund bestimmter Tatsachen begründen lassen
  • die Ortung muss zur Klärung des Sachverhaltes oder zur Aufenthaltsbestimmung des Beschuldigten erforderlich sein

Gut zu wissen: Als Straftaten von erheblicher Bedeutung gelten unter anderem Mord und Totschlag, Steuerhinterziehung, schwerer sexueller Missbrauch von Kindern, bandenmäßiger Betäubungsmittelhandel sowie Vergewaltigung und besonders schwere sexuelle Nötigung.

Darüber hinaus müssen weitere eindeutige Kriterien vorliegen, die auf eine Straftat von erheblicher Bedeutung schließen lassen. Ob es sich dabei um einen begründeten Verdacht oder nur um eine vage Vermutung handelt, liegt allerdings im (relativ weiten) Ermessungsspielraum der Polizei

Ein typisches Szenario, das die Ermittlungsbehörden zu einer geheimen Ortung veranlassen könnte, ist beispielsweise das regelmäßige Auftauchen eines Verdächtigen an Orten, an denen Straftaten verübt worden sind.

3. Wie sieht es bei stillen SMS mit dem Datenschutz aus?

Richter mit Hammer

Laut eines Urteils des Bundesgerichtshofes (BGH) vom Februar 2018 darf eine unsichtbare Handyortung durchgeführt werden, wenn es sich um eine Straftat von erheblicher Bedeutung handelt (insbesondere eine in § 100a Abs. 2 bezeichnete Straftat) und in diesem Zusammenhang ein begründeter Verdacht gegen gegen die betreffende Person vorliegt.

Für die Ermittlungsbehörden stellt das Verschicken von stillen SMS rechtlich keine allzu große Hürde dar. Jedoch kritisieren Datenschützer die Überwachungsmethode als verfassungswidrig, da die Abfrage von Kommunikationsdaten laut Paragraf 100a der Strafprozessordnung ein passiver Vorgang sein muss.

Bei einer stillen SMS erzeugt anstelle des Nutzers selbst aber ein künstlicher Prozess die Daten. Diese Argumentation ist laut BGH zwar stimmig, allerdings muss nach Ansicht der Richter für die Beurteilung auch der Paragraf 100i StPO herangezogen werden, der den Einsatz sogenannter IMSI-Catcher regelt.

Eine Maßnahme nach Paragraf 100i erfordert allerdings immer einen Gerichtsbeschluss (Richtervorbehalt). Die Polizei selbst ist nicht berechtigt, die Maßnahme zur Strafverfolgung anzuordnen.

Gut zu wissen: Bei IMSI-Catchern handelt es sich um spezielle Geräte, mit denen die auf der SIM-Karte gespeicherte IMSI (International Mobile Subscriber Identity) ausgelesen werden kann. Anhand dieser lässt sich der Standort des Handys innerhalb einer Funkzelle eingrenzen. Zu diesem Zweck simuliert der IMSI-Catcher eine Basisstation des Providers, in die sich das Smartphone einbucht, sobald es in Reichweite ist.

4. Anzeichen einer Überwachung: So können Sie stille SMS erkennen

Zumindest für Android-Nutzer gibt es in dieser Hinsicht gute Nachrichten, denn mit SnoopSnitch gibt es eine kostenlose App, die den Eingang stiller SMS anzeigt. Aktuell werden aber leider noch nicht alle Smartphones unterstützt. Zudem lässt die App Sie im Unklaren darüber, von wem genau Sie die stille SMS erhalten haben. Für iOS gibt es bisher leider kein entsprechendes Tool. 

Dafür sammelt und analysiert SnoopSnitch Daten über die Funkzelle, in die das Gerät eingebucht ist. Darüber hinaus gibt die App Aufschluss darüber, wie es um die Konfiguration und Sicherheit des von Ihnen verwendeten Mobilfunknetz steht und warnt Sie, falls Hacker sich als Funkmast ausgeben, um sensible Informationen zu stehlen.

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So erkennen, senden und verhindern Sie eine stille SMS
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2 Antworten auf “So erkennen, senden und verhindern Sie eine stille SMS”

  1. sokratino

    Grundkenntnisse in Englisch gehören heutzutage (auch über Apps hinaus) einfach dazu – so wie Smartphones, bargeldlose Zahlungsmöglichkeiten etc. etc. etc.

  2. Milich Butter

    Snoopsnitch? Alles in Englisch. Hilft wenig, wenn man der Sprache nicht mächtig ist. Genauso gut, kann ich es auch bleiben lassen.

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